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Die lügnerische Meckerziege

Das Märchen vom Tischlein deck dich und der lügenden Ziege habe ich in heutiger Sprache nacherzählt und hier vorgelesen.

Die lügnerische Meckerziege

Wenn wir Milch kaufen möchten, gehen wir im Supermarkt an die Kühltruhe, nehmen uns dort soviel wir brauchen und bezahlen an der Kasse. Es gab einmal eine Zeit, als man noch nicht alles einfach in den Geschäften kaufen konnte.

Wer morgens Eier essen wollte, musste selbst Hühner halten und sich die Eier aus den Nestern holen.

Wer Kartoffeln essen wollte, musste im Garten Kartoffeln pflanzen, das Unkraut aus dem Kartoffelacker jäten und schließlich die Kartoffeln ernten, bevor sie auf den Tisch kamen.

Wer Milch trinken wollte, der brauchte eine Kuh. Aber Kühe sind große Tiere und müssen viel Gras fressen. Aber wer hat schon eine eigene Wiese? Die meisten Menschen hatten auch früher nur ihren Garten. Und was machten sie, wenn sie trotzdem Milch trinken wollten? - Sie hielten sich ein Tier, das kleiner ist als eine Kuh, nicht so viel Futter braucht und trotzdem Milch gibt: eine Ziege.


Genau wie der Mann, der vor gar nicht so langer Zeit mit seinen 3 Söhnen in einer kleinen Stadt wohnte. Weil sie alle 4 so gern Milch tranken, war es wichtig, dass ihre Ziege immer genug zu fressen hatte. Denn wenn die Ziege hungert, gibt sie keine Milch.

Die 4 Männer hatten nur einen sehr kleinen Garten. Weil die Ziege dort schon alles Grün weggefressen hatte, musste immer einer von ihnen mit ihr spazieren gehen und sie zu den Plätzen führen, wo es noch schönes frisches Grünzeug als Futter gab. Sie nahmen die Ziege an die Leine, wie wir heute unseren Hund - und dann ging es los.

Der älteste Sohn ging mit ihr auf die Wiese vor der kleinen Stadt. Die Ziege fraß den ganzen Tag das grüne Gras und knabberte an den Büschen, die dort standen. Abends fragte der älteste Sohn die Ziege: "Hast du jetzt genug gefressen, liebe Ziege?" - Und die antwortete: "Ich bin so satt. Ich mag kein Blatt. Meck, meck, meck." - "Dann können wir ja nach Hause gehen."

Zu Hause fragte der Vater: "Na, hast du unserer Ziege auch ordentlich zu fressen gegeben?" - "Die ist so satt, die mag kein Blatt mehr," antwortete der älteste Sohn. Aber der Vater glaubte seinem Sohn nicht und fragte die Ziege: "Liebe Ziege, bist du denn heute satt geworden?" - Da meckerte die Ziege: "Wie sollt´ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fraß kein einzig Blättelein. Meck, meck meck." Der Vater wurde wütend auf seinen ältesten Sohn: "Wie kannst du so gemein zu dem armen Tier sein? Und mich dann noch anlügen! Weg mit dir! Ich will dich hier nicht mehr sehen."

Am nächsten Tag war der mittlere Sohn an der Reihe und führte die lügnerische Ziege auf die Weide hinter der Stadtkirche, wo sie den ganzen Tag leckere Kräuter fraß. Abends fragte der mittlere Sohn die Ziege: "Hast du jetzt genug gefressen, liebe Ziege?" - Und die antwortete: "Ich bin so satt. Ich mag kein Blatt. Meck, meck, meck." - "Dann können wir ja nach Hause gehen."

Zu Hause fragte der Vater wieder zuerst seinen mittleren Sohn, ob die Ziege auch gut versorgt sei. - "Die ist so satt, die mag kein Blatt mehr," antwortete der mittlere Sohn. Als der misstrauische Vater aber die Ziege fragte, meckerte die wieder: "Wie sollt´ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fraß kein einzig Blättelein. Meck, meck meck." - "Du Lügner und Tierquäler!" schimpfte der Vater auf seinen mittleren Sohn. "Raus mit dir aus meinem Haus!"

Am nächsten Tag wollte es der jüngste Sohn besser machen als seine Brüder. Er führte die Ziege weit vor die Stadt, wo sie sich am saftigen Buschwerk gütlich tun konnte. Abends fragte der er die Ziege: "Hast du jetzt genug gefressen, liebe Ziege?" - Und die antwortete: "Ich bin so satt. Ich mag kein Blatt. Meck, meck, meck." - "Dann können wir ja nach Hause gehen."

Aber als der Vater die Ziege fragte, ob sie denn jetzt endlich einmal satt geworden sei antwortete sie wieder: "Wie sollt´ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fraß kein einzig Blättelein. Meck, meck meck." Da warf er auch den dritten Sohn aus dem Haus und führte am nächsten Tag die Ziege selbst auf eine Wiese, wo sie die feinsten Kräuter fressen konnte, bis ihr Bauch prall und rund war. "Können wir jetzt nach Hause gehen, liebe Ziege?" fragte der Vater am Abend. - "Ich bin so satt. Ich mag kein Blatt. Meck, meck, meck." antwortete die Ziege.

Der Vater führte sie in den Stall und gab ihr noch eine extra Portion Stroh als weiches Lager. "Jetzt schlaf gut. Nun bist du ja endlich einmal satt geworden." Und was antwortete die Ziege? - "Wie sollt´ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fraß kein einzig Blättelein. Meck, meck meck."

Da merkte der Vater, dass er lieber seinen Kindern als der Lügenziege hätte glauben sollen. "Ich muss sie unbedingt wieder nach Hause holen und mich bei ihnen entschuldigen," dachte er. Das tat er auch und die Vier lebten glücklich und zufrieden zusammen in ihrem Häuschen.

Die Meckerziege aber verkauften sie auf dem nächsten Wochenmarkt.

Vorgelesen von Detlef Cordes - Alle Rechte vorbehalten.

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